Autorenarchiv
Die grüne Maus (Römer im Teuto)
Der Onkel Fritz hat zwei große Leidenschaften, spazieren gehen und sich mit den Römern beschäftigen. Es gibt wohl kein Buch, was er über diese Zeit nicht schon gelesen hätte. Aber ganz besonders interessiert er sich für die Varusschlacht. Kein Wunder, wo er doch mitten im Teutoburger Wald wohnt.
Es war an einem schönen Sommerabend, als er wieder einmal seinen Lieblingsspaziergang über die Promenade machen wollte. Über den Lichtungen stieg schon leichter Nebel auf, und in den Wald kroch langsam die Dämmerung. Plötzlich – er konnte seinen Augen nicht trauen – sah er doch wahrhaftig an einem kleinen Hügel zwei römische Legionäre in voller Rüstung stehen. Sie schienen etwas zu suchen. Nun können Wesen aus der Vergangenheit aber nur an einem Ort erscheinen, an dem sie zu Lebenszeiten schon einmal gewesen sind. Also musste sie sich vor 2 000 Jahren hier aufgehalten haben.
Flämmchens Abenteuer (eine Feuergeschichte )
Tief im Bauch von Mutter Erde, im Kern unseres Planeten, brodeln ewige Feuerherde. Hier herrscht der Titan Vulkanus, der Feuergott. Vulkanus ist ein sehr grimmiger Herrscher. Immer wieder kocht er vor Wut und stößt dabei glühende Lava nach oben, sodaß der Erdmantel platzt und sich ein brennender Fluß über die Landschaft, über Dörfer und Städte ergießt und alles zu Asche verbrennt. Vulkanus ist der Vater aller Feuergeister, und das ist eine sehr große Familie. Und ich will vom Flämmchen erzählen.
Der Brillenbaum (Große Platane am Ulmenwall )
Am Ulmenwall steht eine uralte Platane. Es ist das sorgsam gepflegte Prachtstück unseres Gartenbauamtes. Der ganz besonderer Baum ist der Lieblingsplatz der kleinen Oma Amanda Nolte. Sie lebt in einer winzigen Wohnung in dem großen Block in der Breiten Straße, wo es wenig Grün gibt. Weit kann sie nicht mehr spazieren gehen, und deshalb sitzt sie am liebsten hier, ruht sich aus und hört den Vögeln zu. Manchmal hüpft auch ein Hund über den Rasen oder ein Eichhörnchen klettert flink in den Ästen herum. Die kleine Oma kennt viele Geschichten von Zwergen und Riesen, von Elfen und Hexen, die einst in unserer Stadt hausten. Aber vor einiger Zeit hat sie etwas erlebt, das war ganz und gar märchenhaft.
Das Einhorn (Oetkerpark)
Mitten auf einer Wiese im Oetkerpark steht ein riesiger Elch, und wenn man Glück hat, so kann man im frühen Morgenrauen, wenn die Nebel noch wallen, 7 Wichtel sehen, die sich mit dem gewaltigen Tierdenkmal zu unterhalten scheinen.
Eigentlich müßte hier ein Einhorn stehen, denn vor 777 Jahren lebte Willibald in unseren Wäldern, das letzte Einhorn auf der Erde. Es war wunderschön anzusehen, denn es hatte ein schneeweißes Fell und ein goldenes Horn. Aber es war sehr einsam. Es hatte keinen Vater, der ihm Ratschläge geben konnte, keine Mutter, die ihn liebkoste und keine Geschwister, die mit ihm spielten. Nur die 7 Wichtel, die in einem Häuschen um die Ecke an der Egge wohnten, leisteten ihm hin und wieder Gesellschaft. “Ach, wenn ich doch Spielkameraden hätte, warum muß ich denn allein auf der Welt sein”, klagte Willibald ihnen sein Leid. Die Wichtel strichen sich ihre langen Bärte, schüttelten bedächtig ihre greisen Häupter und murmelten:
Mondschweinchen (Forschungsobjekt der Uni )
Man muß ja nicht immer nur von mehr oder weniger tragischen Ereignissen berichten. Man darf auch mal spinnen. Also …
Wer weiß denn, dass wir in Bielefeld ein weltbekanntes Ferkel haben? Ich meine, nicht so ein Wesen, was sich immer vollkleckert und einsaut, nein, ich meine ein echtes Schweinebaby, das beschwipste Mondschweinchen aus Hillegossen. Ich will es erzählen.
Macht man heutzutage schon Überlegungen auf dem Mars zu landen, so war es vor 40 Jahren noch eine große Sensation, als der erste Mensch den Mond betrat. Es war ein Amerikaner, der stolz seine Flagge in den öden Mondboden steckte. Nun wollten die Bielefelder natürlich nicht nachstehen. In der, in der Wissenschaft hochgelobten biologischen Fakultät der Uni, wollte man nun feststellen, wie sich Tiere auf dem Mond verhalten. Als erstes suchten sie lange geeignete “Astrotiere”.
Erna, das Montagsschaf (die Mär von einem Lämmchen)
Wenn wir durch Lämershagen fahren, muß ich immer an Erna denken.
Der Sonntag ist eine feine Einrichtung. Es gibt keine Schule und die Arbeit ruht. Dafür ist der Montag für viele desto unangenehmer. Vielleicht hat man nicht ausgeschlafen, vielleicht hat man einfach keine Lust, vielleicht ist aber auch die ganze Mechanerie nicht richtig geölt, und so kommt es zu kleinen Pannen. Wenn dann, zum Beispiel, das neu fabrizierte Auto eine Macke hat, etwa, dass die Hupe bimmelt, oder die Räder viereckig sind, dann heißt es , es ist eben ein Montagsauto. Und so gibt es Montagskaffeemaschinen, Montagsunterhosen, Montagsbrötchen und Montagsrechenarbeiten. Daß es aber auch ein Montagsschaf gab, das weiß nicht jeder.
Die Heinzelfrauchen (Tückische Weibchen )
Nach der traurigen Mär vom gelben Mariechen will ich nun eine heitere Geschichte erzählen, die auch mit Heepen zu tun hat. Ich schwöre, sie ist wahr (allerdings überkreuze ich dabei meine Finger hinter dem Rücken.)
Wer kennt nicht den Vers: Wie war es doch in Köln vordem
mit Heinzelmännchen so bequem.
Da muß man dann sagen: Wie wars in Bielefeld vordem mit Heinzelfrauchen gar nicht schön!
Tja, was war das für eine schöne Zeit, als noch die freundlichen und hilfsbereiten Heinzelmännchen die Erde bevölkerten. Sie waren die Freunde der Menschen und nahmen ihnen manchen schwere Arbeit und manche schwere Sorge ab. Weiß denn aber einer, daß es auch Heinzelfrauchen gab? Doch im Gegensatz zu den Heinzelmännchen waren dies tückische, kleine Wesen, die nur Schabernack trieben und nichts weiter im Sinne hatten, als die Menschen zu ärgern.
Der kleine Onkel (der Denker am Museum )
Mit der ganzen Wünscherei ist das so eine Sache. Etwas, was man sehnlichst begehrt und als das höchste Glück erscheint, kann morgen schon eine Last sein, von der man sich am liebsten befreien möchte.
Da lebte vor nahezu 200 Jahren in Dornberg der stramme Max, ein kräftiger, gesunder Bauernbursche. Nun war das aber die Zeit, als Deppendorf und Werther, Schildesche und Dornberg zum französischen Kaiserreich gehörten, während Bielefeld vom König Lustig regiert wurde. Der, und sein kaiserlicher Bruder Napoleon belasteten durch ihre Feldzüge und ihre Verschwendungssucht die Bevölkerung nicht nur mit riesigen Steuerabgaben, sondern forderten auch von den Söhnen des Landes, im französischen Heer zu dienen. Wer sich weigerte, wurde ins Gefängnis gesperrt.
Die Bienenkönigin ( Böllhoff)
Wir drehen die Zeit etwa 150 Jahre zurück:
Obwohl erst Mai , scheint die Sonne schon warm wie im Sommer, und die Bienen schwärmen. Da sitzt Wilhelm unter einer Linde und schaut trübselig in den Himmel, an dem sich in der Ferne dunkle Wolken türmen. Er ist das jüngste Kind seiner Eltern und sein gottesfürchtiger Vater, ein fleißiger Scheidermeister, sähe es gern, wenn er bei ihm in die Lehre ginge, um das Schneiderhandwerk zu erlernen.
Aber in Herdecke, so wie im ganzen Ruhrgebiet, herrscht großer Aufbruch. Technik und Industrie haben das Land erobert. Eine neue Bahnstrecke mit einem Viadukt über die Ruhr ist im Bau.
In kurzer Zeit sind über 300 Zechen entstanden und Tausende Polen kamen als Arbeiter in den “Pott”. Die Herren Krupp und Thyssen produzieren Stahl. Wer wollte da noch Schneider werden?
Fräulein Krackse. (Bahnhof Kracks)
Das Fräulein Krackse.
Mirabella Krakse wohnt zusammen mit Mama und Oma am Rande der Senne in einem feuerroten Pilzhäuschen. Die drei Damen gehören zur Gattung der Schnipselhexen, die das Zaubern im kleinen Finger haben, sie brauchen nur zu schnipsen. Bei Mirabella allerdings machte es, wenn sie sich bewegte, stets knacks und kracks. Sie hatte sich Gelenke aus Titan einbauen lassen, meinte, sie seien fortschrittlicher und hielten länger. Leider vergaß sie immer, dieselben zu ölen. So wurde sie von allen „Krackse“ gerufen.