Archiv für die Kategorie „Märchen“
Das Einhorn (Oetkerpark)
Mitten auf einer Wiese im Oetkerpark steht ein riesiger Elch, und wenn man Glück hat, so kann man im frühen Morgenrauen, wenn die Nebel noch wallen, 7 Wichtel sehen, die sich mit dem gewaltigen Tierdenkmal zu unterhalten scheinen.
Eigentlich müßte hier ein Einhorn stehen, denn vor 777 Jahren lebte Willibald in unseren Wäldern, das letzte Einhorn auf der Erde. Es war wunderschön anzusehen, denn es hatte ein schneeweißes Fell und ein goldenes Horn. Aber es war sehr einsam. Es hatte keinen Vater, der ihm Ratschläge geben konnte, keine Mutter, die ihn liebkoste und keine Geschwister, die mit ihm spielten. Nur die 7 Wichtel, die in einem Häuschen um die Ecke an der Egge wohnten, leisteten ihm hin und wieder Gesellschaft. “Ach, wenn ich doch Spielkameraden hätte, warum muß ich denn allein auf der Welt sein”, klagte Willibald ihnen sein Leid. Die Wichtel strichen sich ihre langen Bärte, schüttelten bedächtig ihre greisen Häupter und murmelten:
Mondschweinchen (Forschungsobjekt der Uni )
Man muß ja nicht immer nur von mehr oder weniger tragischen Ereignissen berichten. Man darf auch mal spinnen. Also …
Wer weiß denn, dass wir in Bielefeld ein weltbekanntes Ferkel haben? Ich meine, nicht so ein Wesen, was sich immer vollkleckert und einsaut, nein, ich meine ein echtes Schweinebaby, das beschwipste Mondschweinchen aus Hillegossen. Ich will es erzählen.
Macht man heutzutage schon Überlegungen auf dem Mars zu landen, so war es vor 40 Jahren noch eine große Sensation, als der erste Mensch den Mond betrat. Es war ein Amerikaner, der stolz seine Flagge in den öden Mondboden steckte. Nun wollten die Bielefelder natürlich nicht nachstehen. In der, in der Wissenschaft hochgelobten biologischen Fakultät der Uni, wollte man nun feststellen, wie sich Tiere auf dem Mond verhalten. Als erstes suchten sie lange geeignete “Astrotiere”.
Erna, das Montagsschaf (die Mär von einem Lämmchen)
Wenn wir durch Lämershagen fahren, muß ich immer an Erna denken.
Der Sonntag ist eine feine Einrichtung. Es gibt keine Schule und die Arbeit ruht. Dafür ist der Montag für viele desto unangenehmer. Vielleicht hat man nicht ausgeschlafen, vielleicht hat man einfach keine Lust, vielleicht ist aber auch die ganze Mechanerie nicht richtig geölt, und so kommt es zu kleinen Pannen. Wenn dann, zum Beispiel, das neu fabrizierte Auto eine Macke hat, etwa, dass die Hupe bimmelt, oder die Räder viereckig sind, dann heißt es , es ist eben ein Montagsauto. Und so gibt es Montagskaffeemaschinen, Montagsunterhosen, Montagsbrötchen und Montagsrechenarbeiten. Daß es aber auch ein Montagsschaf gab, das weiß nicht jeder.
Die Heinzelfrauchen (Tückische Weibchen )
Nach der traurigen Mär vom gelben Mariechen will ich nun eine heitere Geschichte erzählen, die auch mit Heepen zu tun hat. Ich schwöre, sie ist wahr (allerdings überkreuze ich dabei meine Finger hinter dem Rücken.)
Wer kennt nicht den Vers: Wie war es doch in Köln vordem
mit Heinzelmännchen so bequem.
Da muß man dann sagen: Wie wars in Bielefeld vordem mit Heinzelfrauchen gar nicht schön!
Tja, was war das für eine schöne Zeit, als noch die freundlichen und hilfsbereiten Heinzelmännchen die Erde bevölkerten. Sie waren die Freunde der Menschen und nahmen ihnen manchen schwere Arbeit und manche schwere Sorge ab. Weiß denn aber einer, daß es auch Heinzelfrauchen gab? Doch im Gegensatz zu den Heinzelmännchen waren dies tückische, kleine Wesen, die nur Schabernack trieben und nichts weiter im Sinne hatten, als die Menschen zu ärgern.
Der kleine Onkel (der Denker am Museum )
Mit der ganzen Wünscherei ist das so eine Sache. Etwas, was man sehnlichst begehrt und als das höchste Glück erscheint, kann morgen schon eine Last sein, von der man sich am liebsten befreien möchte.
Da lebte vor nahezu 200 Jahren in Dornberg der stramme Max, ein kräftiger, gesunder Bauernbursche. Nun war das aber die Zeit, als Deppendorf und Werther, Schildesche und Dornberg zum französischen Kaiserreich gehörten, während Bielefeld vom König Lustig regiert wurde. Der, und sein kaiserlicher Bruder Napoleon belasteten durch ihre Feldzüge und ihre Verschwendungssucht die Bevölkerung nicht nur mit riesigen Steuerabgaben, sondern forderten auch von den Söhnen des Landes, im französischen Heer zu dienen. Wer sich weigerte, wurde ins Gefängnis gesperrt.
Die Bienenkönigin ( Böllhoff)
Wir drehen die Zeit etwa 150 Jahre zurück:
Obwohl erst Mai , scheint die Sonne schon warm wie im Sommer, und die Bienen schwärmen. Da sitzt Wilhelm unter einer Linde und schaut trübselig in den Himmel, an dem sich in der Ferne dunkle Wolken türmen. Er ist das jüngste Kind seiner Eltern und sein gottesfürchtiger Vater, ein fleißiger Scheidermeister, sähe es gern, wenn er bei ihm in die Lehre ginge, um das Schneiderhandwerk zu erlernen.
Aber in Herdecke, so wie im ganzen Ruhrgebiet, herrscht großer Aufbruch. Technik und Industrie haben das Land erobert. Eine neue Bahnstrecke mit einem Viadukt über die Ruhr ist im Bau.
In kurzer Zeit sind über 300 Zechen entstanden und Tausende Polen kamen als Arbeiter in den “Pott”. Die Herren Krupp und Thyssen produzieren Stahl. Wer wollte da noch Schneider werden?
Fräulein Krackse. (Bahnhof Kracks)
Das Fräulein Krackse.
Mirabella Krakse wohnt zusammen mit Mama und Oma am Rande der Senne in einem feuerroten Pilzhäuschen. Die drei Damen gehören zur Gattung der Schnipselhexen, die das Zaubern im kleinen Finger haben, sie brauchen nur zu schnipsen. Bei Mirabella allerdings machte es, wenn sie sich bewegte, stets knacks und kracks. Sie hatte sich Gelenke aus Titan einbauen lassen, meinte, sie seien fortschrittlicher und hielten länger. Leider vergaß sie immer, dieselben zu ölen. So wurde sie von allen „Krackse“ gerufen.
Der Räuber Oskar Klaubold (der letzte Gehängte )
Es war ein neblig trüber Novembertag gewesen, als der kleine Oskar geboren wurde. Seine Mutter fegte gerade mit großen Schwüngen den Lehmboden ihres Kottens. Sie bemerkte nicht den bösen Gnom, der sich in einer dunklen Ecke breit gemacht hatte, um sein Diebesgut zu horten. Und … schwupp! hatte sie den ganzen Haufen in den Kehricht gefegt. Da hörte sie ein Kreischen, das ihr ins Herz drang:
” Ratzedipatz! Gehörnt sei die Katz! Verflucht sei dein Fratz!”
Vor Schreck sank sie nieder und gebar einen Knaben.
Der kleine Oskar wuchs heran. Seine Augen wurden immer gieriger und seine Finger immer länger. Als er fünf Jahr alt war, riß er seinem Bruder die Wurst vom Brot, und mit zehn griff er sich beim Bauer den Schinken aus dem Rauch. Mit zwölf entwendete er seiner Mutter den Beutel mit den Sparpfennigen und verließ sein Zuhause. Rastlos streifte er umher. Und immer hörte er in seinem Kopf eine Stimme:
“Ratzedipatz! Schnür Deinen Latz! Ersetz meinen Schatz!”
Und Oskar wurde ein Getriebener.
Ein Junge namens Cohn ( die Synagoge brennt )
Unterhalb des Johannisberges, dort, wo die schönen alten Häuser stehen, wohnte einst die Familie Maibaum. Der kleine Cohn hatte noch zwei ältere Schwestern, die schon ins Lyzeum gingen und ein Brüderchen, welches eine rundliche Kinderfrau jeden Nachmittag im Kinderwagen durch das freundliche Tal spazieren fuhr.