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03 Lumpis Reise in den Himmel.
Vom alten Kirchturm schlägt es acht, der Papagei krächzt “Gute Nacht.”
Lumpi schläft in seinem Häuschen, träumt von Höhlen, Öl und Mäuschen.
Ach, was würde er drum geben, könnt er mal zum Himmel schweben,
zu den Sternen und zum Mond, der da droben friedlich thront.
Und sogleich verwebt die Zeit Märchenwelt und Wirklichkeit.
Einen Kondor kann man sehn auf des Lumpis Bettchen stehn.
Herr Groß und die 100 Großartigen (so gehts zu bei der NW )
In der Druckerei der “Neuen Westfälischen” arbeitet Herkules Groß. Er ist klein und dünn, hat schütterne schwarze Haare, eine Kartoffelnase und 0-Beine. Er arbeitet am Kopierer, wofür seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten gerade so ausreichen. Er selber aber findet sich über alle Maßen schön und klug und denkt: “Ein Jammer, dass es mich nur einmal gibt, es müssten mindestens 100 so sein wie ich, und die Welt wäre schöner.” Und so grübelte er Tag und Nacht, wie er es wohl anstellen könne, dass es viele von der Art “Groß” gäbe. Wie er nun so täglich seine Blätter in den Kopierer legte und nur aufs Knöpfchen drücken mußte, damit hinten viele Seiten herauskamen, die genau so aussahen, wie das Original, kam ihm ein Gedankenblitz. Am nächsten Tag legte er ein Foto von sich in den Apparat und zog dann glücklich mit einem Stoß Bildern, auf denen ihm lauter Herkules Große anlächelten, nach Hause.
02 Lumpis Reise unter die Erde.
Lumpis Reise unter die Erde.
Just vor seinem Zwergenhäuschen sitzt der Lumpi mit Frau Mäuschen.
Machen manchen lust’gen Spaß, schwatzen über dies und das,
übers Wetter, über Preise, über Lumpis letzte Reise.
“Lange ist’s schon wieder her”, seufzt der Lumpi tief und schwer.
“Ach, wie steht der Sinn mir heuer nach ‘nem neuen Abenteuer,
und es wär’ doch gar zu schön, könnt ich mal ins Erdreich sehn.
Doch wie komm ich rein und raus? Rate mir doch, kleine Maus!”
“Nun, das dürf’t nicht schwierig sein, Lumpi komm, ich lad’ Dich ein.”
Kriech mit mir durch Mauseloch, und ich zeig Dir Vieles noch.
Und behände schlüpfen beide auf die Erdenunterseite.
Der Rollmops (Hochzeit der Heringe )
Auf einem kleinen Eckchen neben der Fleischtheke wird bei Jibi auch Fischiges angeboten. Da gibt es eingelegte Garnelen oder Krabbensalat, und neulich war auch ein Rollmops und ein Brathering im Angebot, schön garniert und mit einer Klarsichtfolie abgedeckt. Man hatte sie schon vor Tage da hingeräumt, sie warteten auf Kunden, und es wurde ihnen schrecklich langweilig.
Der alte Küster (Die Kirche in der Hermanstraße)
An der Ecke Hermannstraße – Turnerstraße stand früher ein altes Kirchlein. Es war aus roten Ziegelsteinen gebaut, und an der Rückseite hatte es Fenster mit weißen Tüllgardinen und Geranienstöcken. Dort wohnte der alte Küster. Jahrzehntelang hatte er die Glocken geläutet und am Sonntag die Gesangbücher ausgeteilt. Er hatte Gebrechliches geholfen, wenn sie mit dem Rollstuhl zur Andacht kamen, und er hatte darauf geachtet, dass die Kinder im Gottesdienst nicht zuviel Unfug trieben. Kurz, er hatte für Ordnung gesorgt in seiner Kirche. So war es die ganze Zeit gewesen, und darüber war er alt geworden.
Der doppelte Moritz (Abenteuer im Rats.)
Moritz war ein hochaufgeschossener blonder Bursche mit vielen Pickeln und vielen Sommersprossen im Gesicht. Er war zwölf Jahre alt und ging in die Quinta des Ratsgymnasiums. Eines Morgens saß er in seiner Klasse und döste so vor sich hin. Es wurde gerade Geschichte gelehrt, und der Dreißigjährige Krieg interessierte ihn nicht sehr. Da rief ihn auf einmal der Lehrer auf: “Moritz, hier ist es so kalt, geh’ doch eimmal zum Hausmeister und sage, er solle die Heizung nachsehen.” Moritz war erfreut über die Unterbrechung und machte sich auf die Socken. Er hatte es nicht gerade eilig, und als er den Hausmeister in seinem Zimmer nicht antraf, ging er ihn in aller Ruhe suchen. Er stieg in den Keller hinab und machte die schwere Holztüre auf. Er war in einem großen Raum mit vielen Regalen. Darin stapelten sich alte Akten, verstaubte Bücher, abgeheftete Aufsätze, die vielleicht einmal besonders interessant gewesen waren, und meterweise Verordnungsblätter. Alles sehr langweilig. Dann sah er eine weitere Tür und ging hindurch. Hier gab es eine Ecke mit zerbrochenen Stühlen und alten Pulten, Tafeln, die man längst nicht mehr gebrauchen konnte, Klassenschränke, deren Türen kaputt waren, und Papierkörbe. Also auch wieder schrecklich langweilige Dinge. Und durch eine weitere Türe kam er schließlich in einen Gang, der leer schien, nur in einer Nische lagen noch ein paar Backsteine herum und ein halber Sack alter Zement.
Die sportliche Erdbeere und die Alm
Und zur Abwechslung mal eine “absolut wahre Nonsensgeschichte”.
Es geschah zu der Zeit, als Bielefeld noch eine Alm hatte. Allerdings wuchs da kein Enzian und auch kein Edelweiß, sondern jeden zweiten Sonntag trampelten 44 Beine über den heiligen Rasen und rauften sich um einen Ball. Man nannte das Ganze Fußball, obwohl häufig auch der Kopf eingesetzt wurde. Ich sagte “Kopf”, nicht “Hirn”. Diese Toberei ging stets sehr lautstark vonstatten, und man konnte den sogenannten Almroar gut und gerne noch am Landgericht hören. Da die millionenschwere Luxustribühne noch nicht gebaut war, standen die Zuschauer dicht zusammengeknubbelt auf ihrer Ostseite und brüllten begeistert “Eeeeewald, Eeeeewald!”, um den Jungstar Lienen anzufeuern. (Auch ich war manchmal dabei, bekam aber in der hinteren Stehplatzreihe das Geschehen meist nur als Hörspiel mit.)
Das Solchen (die Solarenergie )
Es begab sich vor urlangen Zeiten, da waren im Raum weder Hisolarenergie)mmel noch Erde, und es schwebte ein mächtiger Riese im Nichts umher. Er schien blind und taub, nur mit dem Tastsinn konnte er sich seiner wahrnehmen. Er vermochte nicht Disteln zu köpfen und Bären zu jagen, denn es gab keine Pflanzen und kein Getier. Auch fehlte es an den Menchen, mit denen er hätte streiten und kämpfen können. So war es dem Giganten grausam langweilig. Als er wieder einmal schwerelos durch das Dunkel streifte, merkte er, daß er mit seiner riesigen Pranke eine handvoll nanokleiner Teilchen eingefangen hatte. Er knetete sie zu einem Klumpen zusammen und schob sie unter seine Füße. Ei welch schönes Spiel, dachte er, und fing noch einmal eine handvoll Teilchen. Diesmal formte er ein Bällchen und warf ihn mit großem Schwung über seinen Kopf. Da fing der kleine Ball an zu schwellen, und je höher er kam, desto größer und heißer wurde er. Und auf einmal konnte der Einsame mit seinen Augen sehen, daß sich das leere Dunkel erhellte und über ihm eine riesige Feuerkugel hing.
Die Geschichte vom kleinen Nick (Dürkopp)
Vor langer Zeit gab es einen Jungen, den nannten alle den “dummen Nick”. Er wuchs bei seinem Onkel auf, und hatte mit dem Lesen und dem Schreiben nicht viel im Sinn. Den ganzen Tag war er am werkeln, und sein Traum war es , ein großer Erfinder zu werden, doch alle lachten über ihn.
Nun muß man wissen, es war bei seiner Taufe etwas Seltsames geschehen. Da war doch, wie einst bei Dornröschen die böse Fee, eine schöne, schlanke Frau am Taufbecken erschienen und hatte laut gesagt:
“Dein Weg sei steil und bunter, bisweilen geht es runter,
doch gib deshalb nie auf, es geht auch wieder rauf.”
Leise fügte sie hinzu: “Dreimal darfst Du mich rufen, aber wähle klug.”
Und dann war sie plötzlich verschwunden.
Das Gruselhaus (falscher Bauplan)
In der Kesselstraße, unterhalb der Burg, wohnte einst ein fleißiger Bürger Er stellte aus haarfein geschnittenen Tabakblättern einen Kautabak her. Einen großen Kundenkreis bildeten die Seeleute, denn auf den Holzschiffen war das Rauchen verboten.aber auch die feinen Herren fanden Geschmack an diesem Kauvergnügen und kauften gern und viel, so daß er ein wohlhabender Mann wurde.
Nun wollte er sich auch ein stattliches Haus gönnen. und da er, und seine Frau reich mit Kindern gesegnet waren und er zudem Mägde und Kutscher zu seinem Gesinde zählte, machte er zur Bedingung, daß jedes Mitglied seines Hausstandes ein eigenes Fenster haben solle, um auf den Markt zu schauen, denn dort, im Herzen der Stadt, wollte er sein neues Haus errichten lassen.