Der treue Förster .(Eiserner Anton.)

Förster Titel

Des Nachts, wenn sich der Mond hinter dicken Wolken versteckt hat und es ganz finster ist, wenn das Käuzchen schreit und die Fledermäuse lautlos umhergleiten, dann war es die rechte Zeit für den Waldschrat, dann strich auch er umher, plante seine tückischen Bosheiten und trieb seine grausamen Spaße. Und wenn er einmal wieder Übles getan, versuchte die Waldfee zu heilen und zu retten. Sie konnte sich dabei auf einen trefflichen Helfer verlassen, das war der Förster Anton Bockermann. Der nämlich hatte das grüne Händchen, und alles, was er anpackte, gedieh ihm prächtig. Er sorgte für den Wald wie für sein eigenes Kind, und jeder Baum war ihm ans Herz gewachsen.
Anton war ein großer, kräftiger Mann mit starken Knochen und eisernen Fäusten. Er trotzte Wind und Wetter. Nur sein Haar hatte sich gelichtet, und er trug deshalb stets eine Wollmütze, die ihm seine Frau gestrickt und mit einem schönen Rosettenmuster verziert hatte. So kannten ihn alle und achteten ihn.

Nun war es einmal ein sehr heißer Sommer gewesen. Wochenlang war kein Regen gefallen, und Wald und Feld waren ausgedörrt. Da flüsterte der Schrat einem Waldarbeiter zu: »Gleich ist Feierabend, klopf dein Pfeifchen aus, und zünd’ dir ein neues an.«
Und der Mann tat es. Aber ach, der verbrauchte Tabak fiel auf einen Flecken, den die Sonne so versengt hatte, daß Gras und Moos dem Zunder glichen. Und kaum waren die Arbeiter abgerückt, da fing es im Reisig an zu glimmen, und ein Glutnest fraß sich gierig weiter. So sah Anton, der gerade seinen Rundgang durch den Forst machte, kurz darauf ein Gesträuch in hellen Flammen stehen. Entsetzt lief er zum Feuer, doch wie sollte ­er löschen? Weit und breit gab es weder Brunnen noch Bach. So grub er mit seinen bloßen Händen einen Graben um den lodernden Herd, so daß der Brand diesen nicht überspringen konnte, der Wald war gerettet. Später wurde an dieser Stelle ein Wirtshaus gebaut, man nannte es »Brands Busch«.

Förster Brand mit Zwerg

Auf den heißen Sommer folgte ein bitterkalter Winter und die Zweige der
Bäume wurden brüchig wie Eis. Dann fiel vom Himmel so viel Schnee, daß die Äste die Last kaum tragen konnten.
Das erfreute den Waldschrat über die Maßen. In der Nacht hängte sich an die gequälten Bäume, schaukelte und riß an ihnen, bis Äste knickten und die Stämme brachen. Welch eine Verwüstung schauten Antons Augen dort am Eisgrundberg.

Förster mit Eisregen

Doch er stützte und räumte und pflanzte in die Lücken neue Bäumchen, daß die Wunden heilen konnten. Die Waldfee dankte still ihrem Helfer, doch der Schrat riß sich voller Wut ein Ohr ab und heckte einen neuen Plan aus. Und dieser war ungeheuerlicher als jede Bosheit zuvor.

Er hauchte den Regen, der auf die Bäume fiel, mit einem giftigenn Atem an, auf daß die Blätter gelb und welk wurden mitten im Mai. Die Raupen fielen über die kranken Pflanzen her und wollten sie auffressen. Da verführte der Schrat die Baumeister mit bösen Gedanken: »Seht, der Wald ist krank, wir müssen ihn abholzen. Wollt ihr nicht schöne neue Hochhäuser dort bauen| und viel Geld verdienen?«
Da ist der Anton zum Landesherren gegangen und hat gekämpft um seinen Wald. Und der Herr ließ ein Gesetz schreiben, daß alles so bleiben müsse, wie die Natur es gemacht hat.
Der Waldschrat hat sich vor Zorn auch das andere Ohr abgerissen. Dann ist er davongestampft in ein anderes Land.

Förster kranker Wald

Als Anton nun alt und müde geworden war, sein Kopf sich immer mehr zur Erde neigte und die Füße ihn nicht mehr auf seine geliebten Berge trugen, erschien eines nachts die Waldfee bei ihm und sprach: “Du bist mein treuester Diener gewesen, ich will dir als Lohn einen Wunsch schenken.” Der Förster, der sein Ende nahen fühlte, sagte: »Ich habe nur einen großen Wunsch, ich möchte auf ewig aufgerichtet im dichten Wald stehen, ihn beschützen und über die Berge ins weite Land sehen.«

Als er dann die Augen für immer geschlossen hatte, geschah es, daß sein Leib in selbiger Nacht verschwand. Aber seit dem nächsten Morgen steht, wie aus eisernen Knöchlein kunstvoll zusammengesetzt, ein hoher Gitterturm auf dem 308 Meter hohen Ebberg und schaut ins Land. Oben um dem Kopf des Turmes aber läuft ein Geländer, das ist mit dem gleichen Rosettenmuster verziert, wie Förster Antons Strickmütze.

Der Turm ist 100 Jahre alt, und alle Bielefelder kennen und mögen ihn. Es ist der

Förster eiserner anton

” Eiserne Anton .”

Kommentieren