Cl. Der Schieferhof,

Titel Schieferhof

Es war einmal vor Urzeiten, da saß die junge Frau des Herren von Greußen in ihrer Kemenate und weinte. Auf ihrem Schoß hatte sie ihr neugeborenes Knäblein. Doch dieses würde niemals seinen Vater kennen lernen, denn gerade war die Nachricht gekommen, daß der Ritter aus dem uralten Geschlecht heldenhaft im edlen Streit sein Leben ausgehaucht hatte.
Wie nun die Mutter tieftraurig in Tränen saß, erschien auf einmal ein kleines Weiblein. Ihr altes, zerfurchtes Gesicht war von Schleiern umwunden und ihre zittrige Hand streichelte zärtlich über den Flaum auf dem Köpfchen des Kindes, dann hub sie an zu sprechen: “Gräme Dich nicht, edle Frau, Dein Verlust ist groß, doch der Vater wird im Sohne weiterleben, und dieser wird zu hohen Ehren kommen und sein Name wird ewig in Erinnerung bleiben.” Und heimlich, wie es erschienen, verschwand das Weiblein wieder.

Baby

Der Knabe wurde erzogen nach alter, höfischer Art. Er erhielt den Ritterschlag und kämpfte unter dem letzten Thüringischem König Hermanfried. Er sah, wie dieser bei einem Friedensgespräch von Theoderich gemordet wurde, stieß dieser ihn doch heimtückisch von der Stadtmauer in dieTiefe. Er sah die Welt, er sah pralles Leben, er machte reiche Beute. doch er sah auch Elend, Armut und Tod. Und eines Tages konnte er das ruhelose Treiben nicht mehr ertragen, er wollte keine Kämpfe mehr bestreiten und suchte einen guten Ort, um in Frieden zu leben.
Da erschien plötzlich wieder das greise Weiblein: “Gräme dich nicht, stolzer Ritter, ich werde Dir einen Ort zeigen, der Dir Ruhe und Glück bringen wird. Siehe, der Himmelbogen in weiter Ferne zeigt Dir den Weg. Da, wo die Linde ihre Zweige erhebt, wirst auch Du Dein Haupt wieder erheben.”

Schiederhof fertig

So kam der Suchende auch dahin, wo die Grenze zwischen Sachsen und Franken gemarket ist, an den Rand der goldene Aue, an den Helbestrand. Dieser Ort fand des Mannes besonderes Wohlgefallen. Die Weite der Landschaft mit den sanften Hügeln und dem guten Boden gefiel ihm, hier wollte er sich niederlasen.. Er legte seine Hände in die des Königs und es ward ein Treuebund gechlossen, der mit dem Lehnskuß bestätigt wurde. Er tauschte das Schwert gegen den Pflug. Ann richtete er ein Haus für seine Familie und Hütten für sein Gefolge. Bald siedelten sich auch noch andere an, bebauten das Land, und so entstand allmählich ein Dorf, man nannte es Mark-Greußen, in lateinischen Schriften wurde es Grussena genannt, das Gutshaus nannte man den Schieferhof. Noch heute findet man, wenn man in der Altstadt gräbt, Grundmaueren von Häusern, die früher da gestanden haben.

Schieferhof

Das gütige alte Weiblein ist nicht zum dritten Mal gekommen. Die Zeit der Märchen war vorbei und ebenso vorbei war die Zeit, in der das Vok zu dem Gott Biel, zu Lahra und Jecha betete, dem Teufel Opfer brachte und den Götzen Püster verehrte. Es begann das Zeitalter der Dokumentation. Ein anderer sprach seine Worte und predigte von dem neuen Gott. Unter den alten heiligen Linden versammelten sich die Menschen, und es wurden derer immer mehr, sodaß man vier Kapellen errichtete, damit man das Wort Gottes in einem geschützten Raume hören und beten konnte ohne zu frieren. Man fand Spuren von einem der Bethäuer, von “St. Bonifacil”, das zwischen Greußen und Clingen gelegen war. Die Kapellen wurden später zu einer Kirche,”St.Martini”, zuammengelegt.

Schieferhof Kirche st

St . Martini.

Der Schieferhof wurde durch die Zeiten stets an neue Lehnnehmer vergeben. Im 14. Jahrhundert kam er an das Stift Herford, und später an die Herzöge von Sachsen. Aber die von Greußen tauchten immer wieder auf. Einer war mit Kaiser Rudolf l. auf dem Reichtag zu Erfurt und die Familie hatte auch gute Beziehungen zum Kloster Reinhartsbrunn. 1457 wurde Ludwig von Greußen durch Herzog Wilhelm von Sachsen mit dem Schieferhof, einem Baumgarten und vier Hufen Land nun urkundlich belehnt. Der letzte Lehnswechsel fand wohl im Jahre 1708 statt und wurde, wie immer, mit einer symbolischen Handlung zelibriert.

1. Herausschneiden eines Edkloßes aus dem Acker.
2. Abbrechen eines Zweiges im Garten.
3. Ausschneiden eines Spanes aus der Haustür.
4. Fortrücken von Tischen und Stühlen und
Öffnen und Schließen der Fenster im Wohnzimmer.
5. Feueranzünden und -löschen in der Küche.

und bei jedem Vorgang mußte der Erwerber erklären, daß er damit solches Gut besitzen wolle.

(Ich könnte mir gut vortellen, daß bei solch einer Übergabe doch heimlich das alte Weiblein zugeschaut hat.)

Schieferhof mit Alter 2

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