08 Lumpis Reise zu den Germanen.

88 Anfang

Lumpi nahm sich just zuhause eine schöpferische Pause,
doch die Pause war zu lang, und er barst vor Tatendrang.
Und es interessiert ihn sehr, wo kommt denn mein Opa her,
alle die vergang’nen Ahnen führen ihn zu den Germanen.
Will wissen, wie sie essen, wohnen, wie sie leben, die Teutonen,
er verwandelt sich geschwind in ein keck Germanenkind.

Lumpi wohnt in einer Hütte ganz aus Holz, und in der Mitte
festgemauert, wie’s gebührt, seine Mutter Feuer schürt.
Durchs Loch im Dach, der Uhlenflucht, der Rauch sich einen Ausweg sucht.
Dort zur Rechten und zur Linken hängt ein leckrer Bärenschinken.
Es köchelt Kesselfleisch in Glut, Holundersaft tut Lumpi gut.
Der Vater ist ein guter Zecher, trinkt seinen Met, nen großen Becher.

8 Becher

Er ist ein wilder, starker Mann, der trefflich Bogenschießen kann.
Der Lumpi muß noch üben eben, noch trifft er leider stets daneben.
Doch wollte man nicht Hunger leider, da brauchte man in alten Zeiten
zur Jagd nen tücht’gen Jägersmann, der gutes Wildbret schießen kann.
Zum Supermarkt konnt’ man nicht laufen, um schnell ein Kilo Fleisch zu kaufen.
Und Vater sagt: “Auch wird’s dir nützen, vor bösen Feinden dich zu schützen,
denn nur wer besser ist bleit Sieger.” “Warst Du denn auch einmal ein Krieger?”
fragt Lumpi voller Wißbegier. “Das, mein Sohn, erzähl ich Dir.”

8 Bogenschie0en

“Als ich noch ein junger Mann, rückten einst die Römer an.
Schwerbewaffnet in Kohorten zogen sie von Rom nach Norden.
Hermann, dem Cheruskerheld, war ich damals zugesellt.
Wir haben Varus einst bezwungen. Mit Mut und List ist’s uns gelungen.
Glorreich durch die Geschichte hallt die Schlacht vom Teutiburger Wald.”

8 Hermannschlacht

Doch ist auch Mutter Gisela nicht nur für Haus und Garten da.
Sie backt, wenn die Glut feuerrot, im Lehmbackofen Fladenbrot.
Sie spinnt und webt mit fleiß’ger Hand, und näht sich kunstvoll ein Gewand.
Mit einer schönen Gürtelschnalle, rafft sie dann die Falten alle.
Nach zweitausend Jahren diese man fand, und hat sie “Gisela-Fibel” genannt.

8 Kaminfrau

8 Fibel0001

Papier und Schreibzeug kennt man nicht, es gilt das Wort, das einer spricht.
Man kann Gesetze und Geschichten nur so von Mund zu Mund berichten.
Doch mit dünnen Buchenstäben lernt Lumpi selt’ne Muster legen,
“Runen” nennen sie die Leute, “Buchstaben” heißen die Zeichen heute.

8 Runen

Lumpi ist am Schreibenüben, ach herrje, da brennt im trüben
Licht dort im Walde irgendwo Muhmes Haus ganz lichterloh.
Lumpi, eifrig und voll Stolz, legt ‘nen Satz aus Buchholz,
damit Vater Hilfe hole, eh’ das Häuschen gar verkohle:
“Hilfe, helft, mein Häuschen brennt!” Daraus wird: “Ein Mäuschen rennt!”
denn er hatte in der Nacht die Hölzchen durcheinander ‘bracht.
Vater tut sich kurz besinnen, sagt: “Die Muhme ist am Spinnen.”
Hätt’ Lumpi Worte doch gebraucht, wär’ die Bude nicht verraucht.

8 Brand

Heilig waren den Germanen nur die großen Wunder der Natur.
Sie hatten in den frühen Jahren noch nichts vom Christengott erfahren.
Doch unser Lumpi ist gerissen, nicht Willi, denkt er, ich will’s wissen.
Neugierig wie es Kinder sind, fragt er den Vater nun geschwind:
“Wer hat das alles wohl gemacht, wer hat die ganze Welt erdacht?”
“So Vieles gibt es auf der Welt, das Licht, das uns den Tag erhellt,
die gnädig, stille Nacht, sei wert, da Ruhe sie und Schlaf beschert,
das Wasser, das die Felder tränkt, der Schwager, der die Sterne lenkt,
der Wächter, der das Haus bewacht, der Schöpfer, der den Baum erdacht,
das kann niemals ein Gott allein , es müssen viele Götter sein!”

Lumpi sitzt an einem heil’gen Platz und grübelt über Vaters Satz.

8 Gott

Zwei Göttersippen kenn’ die Ahnen, das sind die “Asen” und die “Wanen.
Ihre Feinde sind die Riesen, und immerfort gibt’s Krieg mit diesen.
Sie haben Frauen, Kinder, Tiere und leben wie im Menschreviere.
Sie kennen Freude, Spiel und Scherz, sie kennen Tücke, fühlen Schmerz.
Und Lumpi denkt: Ach, wär das schön, könnt ich doch so ‘nen Gott mal sehn.
Kaum war der Gedank’ erwogen, kommen zwei mächtige Adler geflogen.

8 Adler

Hugin und Munin, Wotans Raben, die sich in Adler verwandelt haben,
schweben nun als Doppeldecker mit Lumpi über Wald und Äcker
nach “Asgard” hin, dem Asengarten. Hier in der Himmelburg erwarten
Gottvater “Wotan” nun die beiden und Göttin “Freya” ihm zur Seiten.
Freya ist in ihrem Reich einer Liebesgöttin gleich.
Sie lässt die Natur erblühen und sich von heiligen Katzen ziehen.
Der “Freya-Tag” uns wohlbekannt, wird Freitag allgemein genannt.

8 Wotan neu

Strahlend jung und morgenschön ist der Gott des Lichts zu sehn.
Baldur ist’s, der Freyas Sohn, dem fluchbelegt Verderben drohn.
Die Mutter lässt die Schöpfung schwören, Schutz dem Sohne zu gewähren.
Ist bei den Steinen gar gewesen, doch hat die Mispel sie vergessen.
Der Lumpi will dem Baldur helfen, er fragt die Riesen, Zwerge , Elfen,
und hört es ringsum leise wispern, dem bösen Loki soll es lüstern,
Brudermord feig zu begehn, durch Hödur, denn der kann nicht sehn.
Die Mistel hat Lumpi gefunden, jedoch den Fluch nicht überwunden.

8 Baldur

Donar, Thor, des Wotans Sohn, neben diesem auf dem Thron,
von zwei Geißböcken gezogen rast er übern Erdenbogen.
Über Götter, Menschen Land hält er schützend seine Hand.
Ist für Bauersleut’ ein Segen, bringt den Donner, Blitz und Regen.
Um die Riesen zu bezwingen, lässt er seinen Hammer schwingen,
Und wer das nicht wissen mag, nach Donar heißt der Donnerstag.

8 Thor neu

Ostara, Schutzpatronin aller Hasen, ist Frühlingsgöttin bei den Asen.
Vergangen ist die Winternacht, und neues Leben ist erwacht.
Man ehret heut wie damals eben die Auferstehung und das Leben.
Der Hase bringt uns bunte Eier, wir springen übers Osterfeuer.
So haben wir bis heute auch germanischen Ostarabrauch.

8 Ostara mit Lumpi

Yggdrasil, die Weltenesche, birgt den Quell der Weisheitsbäche,
große Macht und Geist im Sinn, wandert Wotan zu ihr hin.
Höret, wie das Bächlein spricht: “Schenk von Deinem Augenlicht,
werd’ dir Deinen Wunsch erfüllen, und die Gier nach Weisheit stillen.”
Er wird Mächtigster der Welt, doch sein rechtes Auge fehlt.
Lumpi will das auch versuchen, Bächlein ruft: “Nee, Pustekuchen,
hüte Deine Augensterne, um klug zu werden lerne, lerne!”

8 Ygdrasal

Lumpi fragt beim Fährmann an: “Fährst Du mich mit Deinem Kahn?”
“Weh dem, der diese Frage stellt, ich fahre in die Unterwelt,
tief hinab durch schwarzen Schlund, streng bewacht vom Höllenhund.
Der hat am Kopf vier Augen dran, sein Bellen hört sich schaurig an.”
Doch Lumpi lacht: “Was bist du dumm, dreh deinen Kahn doch einfach um.
Treibst dann zum Meer wie jeder Fluß, dort winkt der Meeresgott zum Gruß,
wenn Dich die Wogentöchter wiegen, wirst Du den Cerberus besiegen.

8 Fährmann

 

8 Höllenhund

Und es steht am Waldessaum ein uralter Eichenbaum,
drei Nornen sitzen still und stumm, sinnend, spinnend drum herum.
Spindeln saugen ihren Atem, und drehn daraus den Lebensfaden.
Lumpi kommt, um sie zu fragen: “Könnt Ihr auch mein Schicksal sagen?”
Und da wispert es im Baum, Lumpi glaubt sich wie im Traum:
“Wirst nicht lange mehr hier weilen, Du musst ständig weitereilen.
2 x 1 000 Jahr vergehn, dann kannst Du viele Freunde sehn,
tauchst Du in die Zukunft ein, wirst im Internet du sein!”

8 Nirnen

Da wird’s plötzlich dunkle Nacht, tausend Blitze sind entfacht,
von den Bergen kommt ein Grollen, Wolken, die zerbersten wollen,
Lumpi fühlt sich fallen, gleiten durch die Welten, durch die Zeiten,
und … dann ist er aufgewacht, ach wer hätte das gedacht,
er liegt in seinem Bett zu Haus.

Abenteuer ist nun aus.

8 Ende

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostara, Schutzpatronin aller Hasen, ist Frühlingsgöttin bei den Asen.
Vergangen ist die Winternacht, und neues Leben ist erwacht.
Man ehret heut wie damals eben die Auferstehung und das Leben.
Der Hase bringt uns bunte Eier, wir springen übers Osterfeuer.
So haben wir bis heute auch germanischen Ostarabrauch.

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