22 Lumpi spaziert durch Bielefeld.
Ein Stadtführer der besonderen Art.
Es ist bekannt in aller Welt, Lumpi wohnt in Bielefeld.
Zwischen Waterbör und Kettlerschen Bergen, nahe bei den 7 Zwergen,
wo die alten Bäume stehn, kann man Lumpis Häuschen sehn.
Nun macht er auf seine Art eine kleine Stadtrundfahrt.
Lumpi wandert mit Gesang den Teuto-Kammweg nun entlang.
Man kann auf grünen Bergeshöhn ins Ravensberger Land weit sehn.
Bismarck-Turm wurd’ er genannt, heut’ als “Eiserner Anton” bekannt.
Er ist schon 100 Jahre alt, bewacht getreulich seinen Wald.
Lumpi hat Furcht, er könnt’ sich biegen, ist aber doch hinaufgestiegen.
Zum Spiegel am Berliner Platz sagt Lumpi nur den einen Satz:
“Spiegel, das ist ja ein Witz, hier fehlt doch nur ein Schaukelsitz.”
Dann schwingt er jauchzend eine Runde wohl zu jeder halben Stunde.
Ich glaub die Stadt hat Größenwahn, sie leistet sich ‘ne Kurz-U-Bahn.
Denn was da in die Tiefe rutscht kommt kurz drauf wieder rausgeflutscht.
Mir scheint, der Bau wurd’ mit Bedacht nur aus dem einen Grund gemacht:
Als Großstädter sich hier zu fühlen, braucht’s wohl, den Boden aufzuwühlen,
ein großes Dorf kann man’s nur nennen, in dem sich alle Leute kennen.
Doch gucke! Das ist doch ein Flopp, da macht der Lumpi U-Bahn-Stopp!
Neben dem Museumsbau steht ein Blech in rostig grau.
Lumpi findet das famos, “‘ne Tenniswand, und kostenlos!”
Und so übt er auf der Stelle, und verschlägt 200 Bälle.
Wie kommt denn dieser Mann daher, der ist wohl bei der Feuerwehr.
Er hat ‘nen Helm mit einer Spitze, doch einen Säbel statt ‘ner Spritze.
Lumpi, Du Dummkopf, merke Dir, das ist der alte Bismarck hier.
Ihm kam kein andrer Kanzler gleich, er gründete das Kaiserreich.
Auf seinem Wege trifft er dann auf Frau Sibylle Silbermann,
und Lumpi denkt: “Ich freß ‘nen Besen, von der hab ich doch schon gelesen,
genau, jetzt denk ich wieder dran, “im Märchenbuch für Christian.”
Und dann erfasst ihn die Begierde: “Die wär’ auch für mein Häuschen Zierde.”
So will er nun auf leisen Sohlen sie von da oben runterholen.
Eigentlich brauch’ ich hier nicht zu stehn, das Cüwellhaus hab ich
schon x-mal gesehn.
Doch die Bürger lieben die Zacken und Spitzen, und mögen es,
hier herumzusitzen.
Ein Spindelbrunnen, was ist das? Vielleicht macht der als Harfe Spaß.
Er schickt sich an, hinauf zu hupfen, um an den Fäden sanft zu zupfen.
Die Leute sammeln sich darum, doch leider bleibt das Denkmal stumm.
Da wird dem Lumpi endlich klar, dass dieses Tun vergeblich war.
Und plötzlich spricht ein alter Mann, sein Aussehn mutet seltsam an:
“Hör, Spindeln werden nicht verlacht, sie haben uns das Brot gebracht,
Du brauchst nur ein paar Schritte gehn, dann kannst Du auch mein
Denkmal sehn.
Der Leineweber, wie ihr seht, ist’s, der hier auf dem Sockel steht.
Gerad’ will er zur Legge laufen, um dort sein Leinen zu verkaufen,
das er aus Flachs gewebt, gesponnen und gutes Tuch daraus gewonnen.
Doch Lumpi macht sich einen Spaß und spritzt ringsum die Leute naß.
“Was macht denn dieser eitle Gockel auf meinem angestammten Sockel ?
Und seht, es hat der kecke Mann nicht mal ne Unterhose an.”
“Du alter Knacker, gib mal Ruh, er gehört zu uns’rer Stadt dazu.
Man sieht ihn durch alle Gassen traben, dann soll er auch ein Denkmal haben.”
Am Rathausplatz steht ‘ne Figur, ich frage mich, was macht die nur.
Ich glaub’, ich hocke mich mal eben in gleicher Pose still daneben.
Das muß – fällt da den Leuten ein – ein “darstellender Künstler” sein.
Und die Verrenkung kann was bringen, wenn Euros in dem Näpfchen klingen.
Lumpis Augen werden groß, im Park da steht ein großes Schloß.
Na so etwas, man denkt ja fast, es sei der Buckinghampalast.
Lumpi ist ganz aufgeregt, da hat sich drinnen was bewegt.
Das sieht wie ‘ne Prinzessin aus, ich glaube, jetzt kommt sie heraus
Sie trägt ‘nen Kopftuch anstatt Krone, und ist ‘ne Putzfrau aus Leone,
sie hat die Fenster grad geputzt. Fabrikschloß einst, heut saalgenutzt.
Bei dieser schönen Sommersonne da ist ein Freibad eine Wonne.
Zuerst guckt er in aller Ruh dem bunten Treiben unten zu.
Kennt nichts von blasen oder tuten, stürzt mutig sich dann in die Fluten.
Doch ach, da sind ja viel zu viele, ich möcht’, meint er, bei dem Gewühle
mich lieber in der Wanne sielen und mit meinem Entchen spielen.
Durch’s Marien-Kirchentor geht Lumpi bis zu Kanzel vor,
mit Schnitzereien, wunderschön, ist dieses Prunkstück anzusehn,
es steht der Heilige in Kutte neben dem Lamm und einer Putte.
Die Glocken rufen mit Geläute: “Kommt her, denn es ist Sonntag heute!”
Viele sind hereingekommen, haben alle Platz genommen,
und Lumpi sitzt dahinter ‘s ist Gottesdienst für Kinder.
Die Engelsbrücke wird man finden, will man die Ecken der Altstadt ergründen. Wo ist denn das? Na, Pustekuchen!! Das müßt Ihr nun schon selber suchen.
Das ist das Pförtnerhaus von Bethel, in großer Stadt ein kleines Städtel.
Des Pfarrers Bodelschwinges Wort gab kranken Menschen hier ‘nen Hort.
Zur Brockensammlung weist ein Schild. Da sammelt Lumpi Brocken wild.
Doch er verkennt total den Sinn, statt Kleider karrt er Steine hin.
Lumpi ist hungrig, denkt an Kuchen, drum will er Oetker mal besuchen,
so ist er in diesem Falle nun unterwegs zur Oetkerhalle.
Fassungslos sucht er nach Worten, sieht nicht Pizzen, keine Torten
und auch keine Puddingspeise, nur Musik hört er ganz leise.
Ein Pianist übt am Klavier. Lumpi merkt, falsch ist er hier.
Stadtmitte ist ihm jetzt bekannt, spaziert nach Westen hin zum Rand.
Dort steht ein großes, großes Haus, das sieht wie ‘ne Kaserne aus.
Doch wird hier nicht laut kommandiert, hier wird nur das Gehirn trainiert.
Der Riesenbau vor dem er steht, das ist die Universität.
Wähnt Lumpi sich als tumper Tor, da tritt der Rektor grad hervor
und spricht: ” Du hast was Geniales, Du treibst ein “studium generalis”.
Für Deine Reisen, Deinen Mut verleih ich Dir den Doktorhut.”
So kommt’s, dass sich der kleine Mann nun “Dr. Lumpi” nennen kann.
“Nanu, was ist denn das noch mal? Ein Riesenspinnennetz aus Stahl!
Doch keine Spinnen an den Wänden, das ist ein Tunnel für Studenten.
Damit man nicht mit nassem Fuß zum Uni-Parkplatz laufen muß.
So steht der Lumpi wartend rum und denkt so bei sich selber stumm:
Vielleicht krieg ich zu meiner Ehr’ noch ‘nen Mercedes mit Chauffeur.”
Am Nordpark steht ein Römerhaus, kommt wohl Herr Cäsar gleich heraus?
Nee, nee, man kann es deutlich sehn, die sind ‘nen Werbefilm am drehn.
Lidl versucht hier anzupreisen altrömische spezielle Speisen:
“Flamingozungen, frittierte Mäuse”, als Hintergrund dient das Gehäuse.
Was ist von überall zu sehn? Die Sparrenburg in luft’gen Höhn.
Jetzt klettert Lumpi auf dieselbe, erst auf den Turm, dann ins Gewölbe.
An Wänden, Decken im Gehäuse hängen Scharen Fledermäuse,
und in den alten Kasematten wimmelt es von fetten Ratten.
In dunk’len Gängen, niedrig krumm geistert das Kinkerlitzchen rum.
Lumpi ist das Guseln ‘kommen, da hat er schnell Reißaus genommen.
Nach diesem bittersüßem Schauer steht er nun an der Burghofmauer
und schaut zufrieden auf die Stadt, die er mit Lust durchwandert hat.
Sein Bielefeld das lobt er sehr, da ist sein Haus, da kommt er her.
Er wandert müd’ zur Promenade zurück in seine Lumpikate.
Dort warten Freundin und Frau Maus, und
Abenteuer ist nun aus.
p.s. Ganz zum Schluß will ich es wagen, ein Geheimnis Euch zu sagen.
Ich hab’ Euch allesamt betrogen, die ganze Chause ist gelogen!
Ich sag es Euch ins Angesicht: “Bielefeld, das gibt es nicht!”
Danke für das schöne Märchen. Die Geschichte war sehr schön, hatte mir sehr gefallen. Ich wohne jetzt seit 2014 hier in Bielefeld kenne mich aber überhaupt noch (immer) nicht aus, durch die Geschichte hatte man einiges kennengelernt und gesehen was man sich demnächst wirklich einmal ansehen sollte. Danke nochmals.
Liebe Grüße Weigelt
02.Mai 2021