Das Windspiel .(Naturschutzgebiet Windwehe)

 

 

Windwehe Bid Titel

 

Da gab es ein welterschütterndes lauerndes Grollen … und dann ein tiefes schwarzes Loch !!!

Am Hungerbach, kurz bevor der in die Windwehe mündet, wohnte eine arme, alte Frau. Keiner kannte sie. Sie schien weder Gut noch Geld und weder Haus noch Hof zu haben und hockte nun, zusammen mit einem kleinen Mädchen, nahe bei Oerlinghausen in einer elenden Hütte.
Es war ein hübsches Kind mit vielen Ringellöckchen und großen traurigen Augen. Sein Vater, so erzählte man sich, sei vor langer Zeit fortgegangen in die weite Welt, um Arbeit zu finden, doch er kam nie zurück. Die Mutter hatte die Pest dahingerafft, und so wohnte das Kimd nun bei der Muhme. Doch diese war schon sehr gebrechlich und hatte selbst kaum etwas zu beißen. Das Mädchen war so allein. “Ach,” dachte es häufig “wenn doch jemand käme, zu dem ich mich gesellen könnte.” So saß es manchmal stundenlang vor der Hütte oder am Rande des Bächleins und träumte.

Windwehe mit Mädchen

Da erschien ihm auf einmal ein prächtiger Fasanenhahn. Mit hochgerecktem Bürzel stieß er ein lautes Gööö-Göck aus und musterte das Mädchen. Freudig fragte die Kleine: “Oh, wie schön, willst du mit mir spielen?” Doch der Fasan rief noch ein paarmal Göck-Göck und stolzierte hochmütig davon.

Windwehe Fasan

Doch kaum war er im Dickicht verschwunden, da sah es hinter dem Strauchgewirr eine Schlammkuhle in der sich genüßlich eine Wildsau wälzte. “Ach,” dachte das Kind,”die wird wohl auch nicht mit mir spielen wollen”, und als Antwort spritze die Bache ganze Schlammfontainen herüber.

Windwehe Sau

Und plötzlich trat ein mächtiger alter Hirsch aus dem Dunkel und hub an zu sprechen: “Du kleines Menschenkind willst spielen, doch dies hier ist unser Revier. Hier leben wir und tun, was die Natur uns bestimmt. Wir hüten und behüten, wie es uns beschieden. Suche Du, was für Dich bestimmt.” Und damit war er spurlos verschwunden.

Windwehe Hirsch mit Mädchen

Es war Herbst, und die Sonne schickte ihre letzten warmen Strahlen, als es wieder einmal so betrübt am Ufer saß, und sehnsüchtig träumte, daß eine gute Fee käme und es behüten möge. Da hörte es auf einmal eine seltsame Stimme, es erschien ihm wie ein flüsternder Gesang:
“Mein armes Kind,
spiel mit dem Wind”
Und es blies plötzlich ein leichter Wind, Blätter fielen von den Bäumen und tanzten einen Reigen vor ihren Füßen. Es fing die bunten Gesellen, warf sie immer wieder hoch, haschte sie erneut und jauchzte dabei.

Doch dann kam der Winter und das Kind hockte im Haus. Das Feuer in dem kleinen Kanonenöfchen gab wenig Wärme, und bald würden die dürren Zweige, die es mit der Muhme gesammelt hatten, zur Neige gehen und der Frost in seine Glieder kriechen, und es wurde von einer großen Traurigkeit erfüllt.
Da hörte es wieder die sonderbare Stimme:
“Tanze mein Kind
und sing mit dem Wind.”
Und da schien es so, als ob der Wind ihm erzählen wolle. Mal säuselte er leise, mal lies er die Hoftüre im Takt klappern. Dann wieder brauste er auf, als ob etwas Gruseliges vor sich ginge, und schließlich erklang er in wiegendem Walzertakt, und das Kind tanzte und summte dazu. Das war schön.

Die Jahre vergingen, doch die traurige Kleine war um keinen Tag älter geworden.

Aber als es die Stimme zum dritten Mal vernahm, schien sie ihm so vertraut, als habe es den Klang vor langer, langer Zeit schon oft vernommen, und mutig fragte es: “Liebe Fee, ich bin so einsam, kannst Du mir nicht Freunde und Spielkameraden schicken, oder lasse mich reisen in die Ferne, wo das Leben der Menschen braust.
Und ganz leise kam ein trauriges Füstern:

“Ade mein Kind,
flieg mit dem Wind.”
Es ballte sich eine Kumuluswolke über dem Hungerbach zusammen, so daß sie aussah wie ein Sessel. Das Mädchen kletterte darauf und wurde vom Winde davongetragen.

Windwehe Flug 2

 

Es schwebte über die Gipfel des Waldes, flog über uralte Gutshäuser hinweg und kreiste schließlich über der großen Stadt. Da verhedderte sich die Wolke in den Sprossen der Uhr und platzte. Behänd kletterte das Mädchen hinunter.

windwehe Jahnplatz 2

 

An der großen Treppe sah sie eine Gruppe junger Mädchen stehen. Sie stritten sich, wie sie den Abend vergnüglich gestalten mochten. Sie kamen der Kleinen sonderbar bekannt vor. Vorsichtig schlich sie sich näher. Aber sie wurde nicht bemerkt, eigenartig, sie schien unsichtbar.
Und dann vernahm sie: “Sagt mal, was ist eigentlich aus dem komischen Mädchen geworden, mit dem wir immer spielen sollten. Der Vater holte uns stets mit seinem dicken Auto ab, war kein König, aber seine Tochter hielt er wie eine Prinzesssin. Sie hatte ein Riesenzimmer und einen Saal voller Spielzeug. Aber das durften wir nicht anfassen sondern nur begucken. Wir durften nicht toben, wir durften nicht lärmen und gespielt wurde nur das, was sie wollte. Zu ihrem Geburtstag hatte die Köchin extra Fasanenbrüstchen gebraten, die hat sie ausgespuckt und ihrem Dackel hingeworfen. Eine andere fiel ein: “Ja, und bei mir war sie mal zu Besuch, und meine Mutter hatte uns leckere Leberwurststullen geschmiert und extra noch saure Gürtchen draufgelegt, die hat sie nicht angerührt. “I, die Wurst ist sicher vom Schwein, wahrscheinlich hat sich das vorher im Schlamm rumgewälzt. So was esse ich nicht.`hat sie gesagt. Sie gierte nach Sachertorte oder einer Eisbombe,” “Ja, und vor Hirschen fürchtet sie sich,” rief eine Dritte, “sie geht nie in den Wald, weil sie Angst hatte, aufgespießt zu werden. Sie war ein schreckliches Kind.” Vielleicht ist die Familie ja weggezogen,”
“Ihre Mutter war nett, aber da war so eine Tante, wohl die Gevatterin. Die war stets unzufrieden mit ihrem Patenkind. Sie war mir unheimlich, sie hatte den bösen Blick, vielleicht hat sie sie verhext.”Die Horcherin schauderte.

War etwa die Muhme ihre Gevatterin, die ihr den rechten Weg weisen wollte, waren die Tiere ihr erschienen, um sie zu warnen?

Und auf einmal war das Grollen einer tiefen Stille gewichen. Das Mädchen hörte wieder die ihm bekannte, freundliche Stimme. Sie öffnete die Augen und sah ihre Mutter: ” Ah, heute hast du aber lange geschlafen. Beeil Dich. Wir wollen uns einen alten Kotten in der Windwehe anschauen. Papa hatte neulich schon davon gesprochen. Er ist ganz plötzlich frei geworden, vielleicht könnte das ein schönes Wochenendhäuschen für uns werden.”

Windwehe uralter Kotten

Kommentieren