Flambambel .

Vor langer, langer Zeit, als unser zweiter Sohn gerade die Vorzüge einer sprachlichen Verständigung entdeckte, benutzte er recht drollige Wortbildungen. Oft wurde aus dem “e” ein “a”, und er ging nicht in den Keller, sondern in den “Kaller”. Er trank “Dabda” statt Saft, er schleckte zum Pudding die “Familiensoße” und keine Vanillesoße, mit Vorliebe jedoch kletterte er auf dem Spielplatz bei der “Schönen Aussicht” auf dem “Klatterjurist” herum, sein Vetr war schließlich Anwalt.

Der Beleuchtungskörper allerdings, der über unserem Eßtisch baumelte, war die “Bambel”, und daher wohl stammt mein Märchen “Flambambel”.

Flambambel titel

„Es werde Licht!“ sagte der Herr, und die Welt ward geboren. Aber seit es Tag und Nacht gibt, tummeln sich Licht- und Dunkelgeister im All. Die düsteren Nachtgespenster treiben ein boshaftes Spiel. Sie jagen den Menschen Angst ein, denn die Finsternis macht die Augen blind, und den Ohren gaukelt sie lauernde Gefahren vor. Bricht dann der Tag an, werden sie von den Lichtgeistern vertrieben, und Frohsinn breitet sich aus. Und so haben die Menschen seit Urzeiten versucht, selbst das unheimliche Dunkel zu erhellen.

Nun befindet sich in einem Nebengebäude der Ravensberger Spinnerei das Historische Museum, und da soll in Kürze eine Ausstellung über historische Beleuchtungskörper stattfinden. Und wie ich so denke, das wird sicher interessant, da sollte man mal hingehen, da hat mich doch auf einmal das Flambambel besucht.

Flambambel raspi02

Es war vor ewigen Zeiten, da hatte an einem Frühlingsmorgen ein goldener Sonnenstrahl einen Tautropfen geküsst, und es wurde aus Licht und Wasser das Flambambel geboren, ein winziges, kleines Lichtgeistlein. Es sah aus wie ein in tausend Fassetten geschliffener, in allen Regenbogenfarben glitzernder Kristalltropfen mit einem kecken Stupsnäschen und einen Ringelschwanz.
Von Lichtvater hatte es die Aufgabe bekommen, auf alle Öllämpchen Acht zu geben, damit sie wohl versorgt seien und keinem Schaden zufügten. Das Geistlein konnte rasend schnell rennen und brauchte für die Strecke von der Erde bis zum Mond kaum eine Sekunde. Deshalb konnte es im Notfall blitzschnell zur Stelle sein, wenn es gerufen wurde.
Und gerufen wurde es allezeit. All die vielen Öllämpchen, die nur spärlich Licht spendeten, und immerzu auszugehen drohen. Die alten Öllampen aus Ägypten, die kunstvollen der Römer, die deutschen Hängelämpchen aus Zinn, von allen drohte Gefahr. Und so schall es von nah und fern:

Flambimbel, Flambambel die Lampe geht aus! Flambambel,Flambimbel komm schnell ins Haus,
Flambam mit Lampen 2

Als Flambambel gerade einmal seine vielen Kristallflächen putzen wollte, erschallte schon wieder der Ruf:

Flambambel, Flambimbel komm schnell ins Haus,
Flambimbel, Flambambel die Lampe geht aus.

Eine Fischersfrau in Amrum hatte ein Lämpchen für ihren Mann, der noch in der Dunkelheit auf dem Meer war, ins Fenster gestellt, den Heimweg zu weisen. Das Geistlein sauste los und erschrak fürchterlich. „Hatte ich es mir doch gedacht, die Dunkelmänner!“ Schon von weitem sah er den doofen Dedo. Die Frau hatte nicht aufgepasst, die Lampe drohte umzufallen, und schon fuchtelte Dedo mit seiner großen Keule um das Licht totzuschlagen, im allerletzten Moment konnte Flambambel das Lämpchen halten und Dedo vertreiben. Der Fischer fand sicher nach Hause.

Flambambel Dunkelmänner bunt

Ja, die Dunkelmänner, sie lagen überall auf der Lauer und warteten darauf, das Licht auszulöschen. Waren die Menschen unachtsam, dann tat der doofe Dedo Depp sein Werk, wüsteten jedoch die Elemente mit Sturm und Flut, dann kam der wilde Rocky Zahn zum Einsatz. Er würde am liebsten – wie einst der Wehrwolf – die Sonne fressen.

Es kam die Zeit der Kerzen, und Flambambel wurde befördert. Es musste nun die kostbaren Kronleuchter und die Armleuchter bei den Reichen und die vielen kleinen Nachtlämpchen in den Stuben der Armen bewachen. Dedo und Rocki trieben zwar weiter ihr Unwesen, doch oft verbündeten sie sich nun mit den Brandhexen.
Konnten sie die Menschen nicht in Finsternis tauchen, so entfachten sie große Feuer. Und von überall her klang es tausendmal:

Flambambel, Flambimbel lösch die Kerzen schell aus,
Flambimbel, Flambambel sonst verbrennt unser Haus.

Flambambel Kronleuchter

Zu dieser Zeit musste das Geistlein ständig durch die Welt eilen. Doch häufig siegten die Brandhexen, ob am Königshof oder in der kleinsten Bauernkate. Vieles wurde im Mittelalter ein Raub der Flammen. Die Fachwerkhäuser brannten leicht. In Bielefeld mussten alle Bewohner stets Eimer bereit halten und bei einem Brand Lichter ins Fenster stellen, damit die Straßen erleuchtet seien und die Feuerwehr den Weg finde.
Die Feuerwehrmänner waren mit weißen Hüten ausgerüstet, und Stadt gab Zuschüsse, wenn die Hausbesitzer das Dach mit Ziegeln deckten anstelle des gebräuchlichen Strohes.
Wieder verging lange Zeit. Da bohrten die Menschen auf einmal tiefe Löcher und fanden das Erdöl. Und damit war die Petroleumlampe geboren. Das Petroleum fauchte, qualmte und stank. Und Flambambel hatte wieder viele Mühe mit den Menschen, den Dunkelmännern und den Brandhexen.

Flambambel Petroleum und Kerze

Doch im Jahre 1879 geschah etwas ganz Besonderes. Da gab es in Amerika einen Zeitungsjungen, der hieß Thomas Edison. Der war ein großer Bastler und Tüftler, und schon bald war er ein guter Elektrotechniker. Er baute das erste Mikrofon und erfand dann die Glühbirne. Erst jetzt wurde es wirklich hell auf der Welt, und die Menschen konnten die Nacht zum Tage machen. Flambambels alte Feinde, der doofe Dedo und der wilde Rocki verloren an Bedeutung. Die Brandhexen fanden noch weiter ihre Opfer, aber ein schlimmer Feind war jetzt der Strom. Ging man mit ihm nicht sorgsam um, konnte er tödlich schlagen.

„Flambambel, Flambimbel, oh groß ist die Not,
Flambambel, der Strom schlug mein Kindlein tot.“

Flambambel Glühbirne

Jetzt, weitere hundert Jahre später, erfährt Flambambel, dass das Stromlicht auch großen Segen bringen und Menschen heilen kann. Der Laser wurde erfunden, und dieser starke Lichtstrahl kann Panzerplattren zerschneiden, er kann aber auch operieren, genau wie ein Messer. Flambambel, das aus Sonnenstrahl und Tau geschaffene kleine Geistlein hat sich jetzt einen Computer angeschafft, weil das Aufpassen mit soviel Technik so schwierig geworden ist.

Flambambel-laserstrahl

 

Da hab ich dem Flambambel geraten:

„Flambambel, Flambimbel willst Du uns nützen,
dann musst Du vor allem die Daten schützen.“

Und dann, huiiiiiiiii ….. ist das Flambambel weggeflimmert.
Hat die Ausstellung im Museum stattgefunden? Egal, ich weiß ja alles.

 

 

 

 

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