Archiv für Mai 2012
Cl. Der Feuerwanst.
Die Sterne hatten ein unheilvolles Jahr angekündigt. Und so war der Sommer viel zu heiß und zu trocken geÂwesen, 8 Wochen hatte es keinen Tropfen Regen gegeÂben, und durch die große Hitze wurden Kühe und MenÂschen von den schwarzen Pocken dahingerafft. Der August brachte Hagelsturm und einen mächtigen Wolkenbruch, ganze Schafherden ertranken, das Ried glich einem See und die Brücke über dem Steingraben wurde halb fortgerissen.
Cl, Der Clingensche Esel.
Einmal, vor langer Zeit, da waren die Clingener in arger Bedrängnis. Franzosen waren durchs Dorf gezogen, sie zeigÂÂten sich als freundliche Leute. Und nachdem sie eine Schlacht verloren hatten, gab ihnen der Pfarrer aus MitÂÂleid sogar etwas Geld, worüber sie sich höflich bedanket haben.Etwas später war bei der Schwiegermutter des BürgermeiÂÂsters ein Österreichischer Husarenleutnant einquartiert. An Leib stark und tapfer an Gemüt. Und seine 50 Husaren ließen es sich im Dorfe gut gehen.
Schließlich fielen 80 preußische Reiter in Clingen ein, drohten dem Bürgermeister mit Schlägen, da die Leute nicht schaffen konnten, was die Soldaten forderten. So war es ein rechtes Durcheinander im sonst so friedlichen Ort. Als nun gar der Bürgermeieter starb, er war schon sehr alt, mochte sich keiner in das aufregende Amt wählen lasÂÂsen.
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Cl.Pfäpengeister.
Zu alten Zeiten, als Clingen noch eine wehrhafte Stadtmauer rings um seine 200 Häuser hatte, konnte auch der Wallgraben davor durch die Helbearme unter Wasser gesetzt werden.am Abfluß des Grabens Noch heute heißt die Stelle “der Teich”. Im Winter konnte man hier Schlttschuh laufen. Nach der Trockenlegung wurden Obstplantagen dort angepflanzt und am Abfluß des GraÂbens Weidenbäume. Nun spielten die Buben im Sommer zwischen den Bäumen Fußball, und das sehr zum Ärger der Baumpächter, die Angst um ihre Äpfel hatten. Im Frühjahr aber, wenn der Saft in die Weidenzweige trat, schnitten sie sich Ruten und fertigten sich Pfeifen daraus. Zum Gelingen mußte die Schale vom Kern abgeklopft und dabei ein Zauberspruch gesungen werden:
Rote, rote Pfäpen
wißte mich geroten,
kimmt der Moo aus Schloten
kimmt die Kau
frißt dich rau
kimmt das Schwin
frißt dich ganz und gore nin!
Cl, Das smaragdgrüne Freifräulein. Jagdschloß Clingen
Jedes ordentliche Schloß hat auch ein ordentliches Schloßgespenst. Meist ist das eine weiße Frau. Ich kenne eines, da geistert ein Fräulein umher, und das ist grün. Es ist das smaragdgrüne Freifräulein.
Es war einmal vor vielen hundert Jahren, da hatte der König dem Grafen von Sondershausen ein Burglehen in Clingen gewährt. Und nicht weit hinter dem ehemaligen Schafstall des Gutes, da, wo der Schloßteich lag , in dessen klaren Wassern sich die alten Weiden des Inselchens spiegelten, und über dem die Libellern wie kleine Elfen ihren Tanz aufführten, dort eben, in friedlicher Stille, stand das kleine burgähnliche Jagdschloß.
Cl, Der Zoch.
Nun habe ich viel über meine neue Heimat Bielefeld erzählt. Doch neulich war Lumpi ja bei der Oma in der Ruhl. Da ist es doch gut, wenn ich nun einmal zur anderen Oma nach Clingen gehe.
Clingen ist ein kleiner Ort in Thüringen. Er liegt nördlich von Erfurt am Rande der „Goldenen Aua“. Der „Flecken Clingen“, wie es im alten Kirchenbuch heißt, hat seit 1350 Markt- und Stadtrecht und ist Sitz des Gerichtes.
Auf einer großen Landkarte aus dem 16.Jahrhundert, die ich vor Jahren in einem prunkvollen Saal im Palazzo Vecchio entdeckte, ist der Ort als einziger in der ganzen Umgebung eingezeichnet. Aber auch noch viel früher hat es hier schon Siedlungen gegeben. Aus dem Jahre 900 kennt man zwei Dörfer „Gruzin“, heute Westgreußen, und „Clingen“, die der Sage nach 525 ein Ritter mit seinem Gefolge gegründet haben soll.
Und nun werde ich einige wundersame Geschichten aus Clingen erzählen.
Im tiefen Loch
da haust der Zoch!
Der Zoch ist ein böser Wassermann. Nicht Haare, nein, grasgrüne Algen, die ihn unsichtbar machen, umkränzen seinen großen Kopf. Da, wo beim Menschen die Füße gewachsen sind, wuchs ihm ein fusseliger Schwanz, doch dafür hat er 4 m lange Krakenarme.
Schon seit Jahrhunderten hockt er unter der Steingrabenbrücke und lauert auf Opfer. Und wer schuldbeladen des Lebens Bürde nicht mehr tragen, und des Lebens Lust nicht mehr kosten will, den zerrt er voller Gier in die Tiefe. Der Zoch kann schnell zuschlagen oder lange harren. Bald umschlingen seine Arme Pferd und Mann und Wagen mit plötzlichem Griff, bald träufelt er langsam Verzweiflung und Schwermut in sein Opfer. So holte er sich das Trudchen und des Trompeters Weib, die entehrte Jungfer und Fritz, den alten Maler.