Es war in alten Zeiten, da regierte hier ein hartherziger, gestrenger Graf. Während andere Herrscher eine freiwillige Abgabe, die sogenannte Siura von ihren Landeskindern erbaten, forderte er Steuern von den Bürgern und ließ sie notfalls mit roher Gewalt einziehen. Er hatte den Kuno in seine Dienste genommen, und dieser war noch unerbittlicher als der Graf selbst. Rastlos streifte Kuno durch die Lande, zu schauen und zu prüfen, ob alle Untertanen fleißig arbeiteten, um ihr Tribut pünktlich und redlich zu zahlen. Er forderte, daß man ihm die gleiche Achtung und Ehrerbietung wie seinem Herren erweise und bestrafte streng jede Ungehorsamkeit.

Eines Tages nun ritt er durch die Wälder Steinhagens. Da sah er einen armen, schlichten Holzfäller, der über seiner schweren Arbeit schwitzte und den Eintreiber garnicht bemerkte. Voller Zorn herrschte dieser ihn an: “Warum grüßt Ihr nicht ehrerbietig, wie es sich geziehmet?” “0 Herr, ich schaute zum Baum und nicht zu Euch”. “Keck ist Er auch noch, das soll Er mir büßen”, schrie der so Mißachtete, “wer mir keine Ehre erweist, der hat sein Leben verwirkt, jagt ihn, fangt ihn, hängt ihn”, befahl er.

Doch Heinrich war flink und behende hinweggesprungen und hatte sich im dichten Unterholz des Gottesberges versteckt.
Drei Tage und drei Nächte konnte er so seinen Häschern entgehen. Doch als er nun kauernd am sprudelnden Naß des Quellentales seinen Durst löschen wollte, entdeckte ihn der häßliche Jost. Der hatte schon immer einen Zorn auf den Heinrich gehabt, weil er dessen Weib selbst gern gefreit hätte, dieses ihn aber verschmäht hatte. Als er nun den gehetzten Mann sah, flüsterte ihn der Teufel ins Ohr: “Jetzt kannst du Rache nehmen und deinen Nebenbuhler vernichten. Nutze die Stunde!” Und so ging Jost zum Eintreiber und verriet den Heinrich. Der wurde bei Wasser und Brot in ein dunkles Loch gesteckt.

Da ging die Frau des Heinrich zum Kuno und bat: “Laßt Gnade walten edler Herr, das Mannsbild muß neun Kinder ernähren, nehmt mich an seiner, ich bin krank und elend, ich will für ihn büßen.” Nun tat der Eintreiber so, als ob er über die Treue des Weibes gerührt sei und ließ sich den Gefangenen vorführen. Heimtückisch aber dachte er bei sich: “Ich werde ihm eine Aufgabe stellen, die er nie erfüllen kann.” So sagte er: “Kann Er mir Feuer und Wasser mischen, um es eiseskalt aufzutischen? So will ich Ihm die Freiheit schenken.” “Ach, ich Armer, ich bin verloren, Feuer und Wasser sind wie Leben und Tod die ärgsten Feinde. Wie soll ich die vereinen?” Und wie der Heinrich so traurig hockte, und sich keinen Rat mehr wußte, zupfte ihm auf einmal ein kleines Männlein am Ärmel. Es hatte dunkelbraune Knopfaugen und schillerte grün am ganzen Leib. Es war der kleine Adrian, der Schutzpatron der Feuerwässer. Er war längst nicht so berühmt und mächtig wie sein Oheim, der heilige Urian, der Beschützer aller Weinbauern. Aber auch er konnte Bedrängten helfen. “Schau dich um”, wisperte Adrian: “Siehst Du nicht all die Wachholdersträucher??

Pflücke die Beeren und lasse sie gähren.

Entfache heuer kräftiges Feuer.
Der Geist hell und rein wird Preis Dir sein.”

Heinrich tat, wie ihm der kleine Adrian geheißen. Und siehe, aus dem Beerensud tropfte ein heller Saft, so klar wie Wasser und so brennend wie Feuer. Dann ging er zum nahen Weiher, schlug kleine Eisbröckchen zum Kühlen. Und in einem zierlichen Gläschen servierte er so den Trank.

Kuno kostete, und er hörte gar nicht auf zu kosten. Endlich war er so fröhlich, daß er den armen Holzfäller zum Bruderkuß umarmte und ihm einen Beutel Gold schenkte. Damit baute Heinrich eine große Brennerei. Er nannte seinen Beerentrank “Steinhäger”. Wurde der zunächst als Medizin getrunken, so war er bald im ganzen Land als Tröster beliebt. Und nicht nur dem Kuno hat er gut geschmeckt, auch dem Grafen mundete das Feuerwasser sehr. Allerdings hat der dann gleich eine neue Steuer erfunden, die Branntweinsteuer, und die gibt es noch heute, genauso wie den Steinhäger.

“Na, dann Prost, Leute!”