23 Lumpis Reise ins Schlaraffenland.
Lumpi geht zum weisen Mann, der alles weiß und alles kann,
und er schmökert – gar nicht dumm – in dessen Bücherschrank herum.
Hat ein Märchenbuch zur Hand, da steht was vom Schlaraffenland.
Und es kommt ihn in den Sinn: “Da will ich doch auch mal hin.”
Kaum hat er dieses noch erwogen, da hat das Buch ihn eingesogen,
er war in einer and’ren Welt, von der Geschichte nun der Held.
Da hat er nicht mehr lang gefackelt, ist gleich hurtig losgewackelt.
Stapft durch Sonnenschein und Regen dem Schlaraffenland entgegen.
Am Grenzpfahl steht ein dicker Zwerg: “Ins Land kommst Du nur durch den Berg.”
Und hinterm Schlagbaum biet’ sich ihnen ein Riesengrießbrei mit Rosinen.
Lumpi ist gleich ganz versessen, sich durch den Grießbrei durchzufressen.
“Das macht ja einen Heidenspaß, ist “alles Müller”, oder was?”
Da weiden dort im Wiesengrund fünf schwarz-weiß Kühe, kugelrund.
Und wie aus Brunnen spritzen süße Milchshakes aus den Zitzen
direkt hinein in kleine Münder der dicken rotbäckigen Kinder.
Da schreit der Lumpi ganz empört: “Nanu, das ist doch unerhört,
verkehrt ist das, ich weiß genau, Kühe sind stets lila-blau!”
Das Lebkuchenhaus ist nur geborgt, man hat es von Hänsel und Gretel besorgt.
Der Zaun ist aus großen Schaschlikspießen, kann man diese wohl genießen?
Die Gurken sehen wie Bierflaschen aus, stell’n sich jedoch als Leergut heraus.
Im Hof die Sachertorte mit Sahne, macht da wohl Oetker hier Reklame?
Vielleicht ist das ja auch nur Atrappe, er kostet, und … er beißt auf Pappe.
Nun sieht er durch die grünen Wiesen ein silberhelles Bächlein fließen.
“Das da soll Wein sein, aber nie, das schmeckt ja übel nach Chemie.
Das hier ist weder Wasser noch Wein, da leitet “Hexal” seine Abwässer rein.
So heißt der Hexenkessel zu Recht, mit wird schon bei dem Gedanken schlecht.”
Der “Kleine Hunger” stellt sich ein. Jetzt einen Braten, das wäre fein.
Da laufen 2 Spanferkel gerade vom Stapel, schön mundgerecht mit Messer und
Gabel.
An ihm vorbei geht es hopp, hopp, hopp im rekordverdächtigen Schweinsgalopp.
Keines von ihnen kann Lumpi erjagen, er bleibt zurück mit leerem Magen.
Da hat’s plötzlich goldne Tropfen geregnet, er ist über und über mit Honig gesegnet,
Und als er sich dann abgeschleckt, war sein Nahrungsbedarf auch wieder gedeckt.
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Lumpi geht nun langsam weiter, auf einem Baum da wachsen Kleider.
Erst sehn sie wie Knospen und Blüten aus, dann werden Blusen und Hosen draus.
Lumpi denkt: “Na so ein Glück, da mich ich mich umsonst ganz schick.
Die alten Klamotten brauch ich nicht mehr, jetzt kommen neue Sachen her.”
Schnell will er andere Kleidung anziehn, oh je! da ist der Kram am Verblühn.
Verwelkt ist nun die ganze Chose, und er steht in der Unterhose.
Und wieder ein Teich, er sieht es genau, da schwimmen lauter Forellen-blau.
Lumpi kann es schon erraten, es gibt auch Hecht, gesotten und gebraten,
und Rollmops und Bückling, was man will, das wird dem Lumpi doch zuviel:
“Verflixt, das sind ja alles schlichte Standart-Eismann-Fertig-Gerichte.
Die braucht man nicht angeln in dunkler Nacht, die werden einem ins Haus gebracht”
Die Kinder, das findet Lumpi schön, brauchen nicht zur Schule zu gehen.
Die Lehrer bleiben immer stumm, denn leider sind sie selber dumm.
Die Kleinen hängen von früh bis spät vor einem riesigen Fernsehgerät.
Da kriegen sie dann, so im Schnitt, täglich 17 Krimis mit.
Poppkorn gratis und Cola aus Schläuchen sammelt sich in ihren Bäuchen.
Ein offenes Maul – so steht es im Buch – bekommt von gebratenen Tauben Besuch.
Da kommen knusprige Hähnchen geflogen, doch Lumpi fühlt sich wieder betrogen.
Vom Hähnchengrill vor den Supermarkthallen sind sie vom Spieß heruntergefallen.
Wer lügt, nun ja, das wißt Ihr schon, den macht man zum Graf oder zum Baron,
und wer ein Knallkopp ist, ein dreister, den küret man zum Bürgermeister.
Wer dumm ist, das ist auch bekannt, wird gleich Professor in diesem Land.
Und weil Lumpi so ein kluger Denker, dient er hier als Nachttopfschwenker.
Am Schluß kommt er beim Jungbrunnen an. Hier kann nun tauschen jeder Mann
seine Frau. Wenn die wohl krank und alt und nicht mehr von jugendlicher Gestalt,
dann bekommt er im Nu ‘ne neue, und viel Geld dazu.
Doch Lumpi hält nicht viel davon, es sei ja nur ein Schönheitssalon.
Sieht am and’ren Ufer die Freundin stehn, jung und schlank und wunderschön.
Dann ist sie zu ihm herüber geschwommen, und als er sie in den Arm genommen,
da hat sie sich, verhüllt und bemantelt, in eine Urgroßmutter verwandelt.
In diesem Land, so hat Lumpi erwogen, da wird man nur genarrt und betrogen
Plötzlich ist ihm das Buch vom Schoß gerutscht, und Lumpi ist herausgeflutscht.
Er sitzt vor dem großen Bücherschrank in der Leseecke auf einer Bank.
Das Schlaraffenland, so wird ihm klar, ist auch nicht mehr das, was es einmal war.
Aber jetzt will er ganz schnell nach Haus.
Das Abenteuer ist nun aus!
Lumpi hockt gedankenverhangen, ist unter die Philosophen gegangen.
Übers Schlaraffenland hat er nachgedacht, der Überfluß hat nicht glücklich gemacht.
Und er fasst sich an die eigene Nase, wie läuft denn bei ihm daheim der Hase?
Da lebt es sich recht angenehm, zu viel des Guten, und alles bequem.
Und schaut er in das Polikgewässer, das kann doch jeder am Stammtisch besser.
Er sieht entsetzt ja schon von weitem, wie alle miteinander streiten.
Ob schwarz, rot, grün oder lila-blau, die richtige Lösung find’ keiner genau.
Wenn jeder so handelte für sich allein, als könnt’s ein Gesetz für alle sein, dann könnte vielleicht auf Erden nach seiner Fasson jeder selig werden.